Episode 109: Die Nacht des Jägers (The Night of the Hunter), 1955

Ein Filmarchiv - A podcast by Brockmann & Ecke

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Als Abschluss unseres #Horrorctobers, und als Überleitung zum #Noirvember, reden wir über die einzige Regiearbeit von Charles Laughton, der sonst als einer der größten Charakterdarsteller seiner Zeit aktiv war. Dabei stellt sich die Frage, ist THE NIGHT OF THE HUNTER überhaupt ein Noir-Film? Obwohl er viele Aspekte des Noir teilt und mit Robert Mitchum einen der großen Darsteller von gebrochenen Noir-Figuren als Lead mitnimmt, zeigt sich der Film doch eher als eine fast experimentelle Vermengung von Aspekten der Märchenstrukturen, Southern Gothic, skandinavischen Stummfilmen, deutschem Expressionismus und vielen Bezügen zum frühen amerikanischen Kino, vor allem zur Erzähltechnik von G.W. Griffith. Thematisch geht es dabei um die Rolle der Religion im abgehängt-ländlichen amerikanischen mittleren Westen, der hier als vergangene Welt der Great Depression dargestellt wird und in dem die einfachen, aber zutiefst alttestamentarisch vom Rachegedanken durchtränkten Verhaltensregeln des bösartigen Laien-Predigers Robert Mitchum bei der verzweifelten Bevölkerung verfangen. Dem gegenüber steht ein reflektiertes Bild der Bibel-Rezeption, das erst im letzten Drittel des Films zutage tritt. Kern dieses Meisterwerks ist aber der Einsatz und die schauspielerische Wucht von Robert Mitchum, einem Star, der zum Bösewicht wird. Laughton nutzt seine Kenntnis der Theater-Regie, um Mitchum im Brecht‘schen Sinne verfremdet auftreten zu lassen: laut, sich Bühnenhaft ausstellend, ein Prediger als Performance-Künstler, der uns als Zuschauer unsere Rolle reflektieren lässt. Ähnlich arbeitet er mit seinen visuellen Strategien, die mit Realitätsversprechen kaum noch etwas zu tun haben. Ganz großes Kino, das uns begeistert zurücklässt. Wir entschuldigen uns für die leichten Brüche in der Ton-Qualität. Leider mussten wir die Folge remote aufnehmen. Das merkt man leider sofort.

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